Die besten Regisseure aller Zeiten: Roman Polánski

Roman Polański

Wegen eines Haftbefehls gegen ihn in den USA konnte Polanski seinen Academy Award (Oscar) 2003 nicht entgegen nehmen

Zum ersten Mal stellt stadtreporter.net in dieser Reihe einen noch lebenden Regisseur vor. Kaum ein Regisseur hatte in seinem Leben so viele Schicksalsschläge zu verkraften wie der Pole Roman Polanski. Doch vielleicht waren es gerade diese, sowie die wohl schwärzeste Stunde seines Privatlebens (wegen der ihm seit über 30 Jahren die Einreise in die USA unmöglich ist), die ihn zu dem Regisseur machten, der er heute ist. Erleben Sie die vielleicht interessanteste Biographie eines der besten Regisseure aller Zeiten.

Judenverfolgung und Überleben

Am 18. August 1933 wurde Roman Polanski als Sohn eines polnischen Juden und einer russischen Katholikin in Paris unter seinem bürgerlichen Namen Roman Liebling geboren. 1937 entschied sich die Familie aufgrund des auch in Frankreich wachsenden Antisemitismus für die Rückkehr in die polnische Heimat. Doch aus bekannten Gründen erging es ihnen dort nur zwei Jahre lang besser, im Jahre 1939 überschlugen sich die Ereignisse. Der erst 6jährige Polanski musste den deutschen Angriff auf Polen, die sowjetische Besetzung Ostpolens miterleben und war schließlich dann doch mit seiner Familie den Nationalsozialisten hilflos ausgeliefert. Die Familie Polanski wurde zunächst ins Krakauer Ghetto deportiert, der Vater später ins Konzentrationslager im oberösterreichischen Mauthausen, das er mit Glück überlebte, anders als Roman Polanskis Mutter, die im Vernichtungslager Auschwitz verstarb. Roman Polanski erfuhr dies jedoch erst nach dem Krieg, die Judenverfolgung überlebte er auf dem Land, wo er im Kuhstall eines polnisch-katholischen Bauern versteckt wurde. Seine Familie hatte die gesamten Ersparnisse zusammen gekratzt und für seine Rettung ausgegeben.

Der Weg nach Hollywood

Für Roman Polanski führte der Weg nach Hollywood gegen den Willen seines Vaters unmittelbar nach Kriegsende 1945 über die Filmhochschule Lodz, an der er zum Regisseur ausgebildet wurde. Doch zunächst hielt er sich mit kleineren Auftritten als Schauspieler in Filmen über Wasser, waorauf er in seinem weiteren Leben immer wieder zurückkam, auch in manchen seiner eigenen Filme. Erst ab Ende der 50er Jahre ging es aufwärts mit seiner Karriere als Regisseur und auch in seinem Privatleben gab es Neuerungen: Polanski heiratete das junge Starlette des polnischen Kinos, Barbara Kwiatkowska. Die Ehe wurde allerdings 1962 bereits wieder geschieden, ein Jahr später folgte Polanskis Umzug nach England. Er drehte zwei englische und einen französischen Film, deren bekanntester wohl „Tanz der Vampire“ (1967, Originaltitel: The Fearless Vampire Killers) ist. In ihm spielte Roman Polanski selber neben Sharon Tate, die er ein Jahr später heiratete und die bald einen tragischen Tod finden sollte.

Schicksalsschlag und Haftbefehl

Durch den Erfolg seiner ersten internationalen Filme wurde Hollywood auf den noch jungen Regisseur aufmerksam. Doch der Moment seines bis dahin größten Erfolges sollte auch eine große Tragödie mit sich bringen. Kurz nach der Premierenfeier von „Rosemaries Baby“ (1969, O: Rosemary’s Baby) brach die radikale Sektengruppe „Manson Family“ in Abwesenheit Polanskis in sein Haus ein und brachte dessen hochschwangere Frau Sharon Tate und vier weitere Gäste auf brutale Art und Weise um, schrieben zudem noch Wörter mit Tates Blut an die Wand. Den Polen plagten daraufhin Schuldgefühle, da er sich vorwarf nicht bei seiner Frau gewesen zu sein. Die Arbeit fiel ihm zunächst schwer, doch er setzte sie fort und es entstanden weiterhin hoch gelobte Filme wie „Chinatown“ (1974, 1 Oscar bei insgesamt 11 Nominierungen, unter anderem für Polanski für die beste Regie). 1977 allerdings folgte die wohl schwärzeste Stunde im Leben des gebeutelten Starregisseurs, er wurde der sexuellen Belästigung bezichtigt, ein Jahr später gestand er seine Schuld und floh nach Europa um dem Haftbefehl zu entgehen. In den USA liegt seitdem ein weiterhin gültiger Haftbefehl gegen ihn vor, da er für die sexuelle Belästigung der damals 13jährigen Samantha Gailey verurteilt woden ist. Er hatte sie unter dem Vorwand eines angeblichen Fotoshootings zu sich gelockt und wollte sie dann dazu bewegen, „Oben-ohne“-Fotos von ihr zu schießen.

Flucht nach Europa und späte Ehrung

In Europa lebt Polanski seitdem in seinen beiden Heimatländern Frankreich und Polen, denn der gebürtige Pole besitzt seit 1975 die französische Staatsbürgerschaft. Zwischen 1979 und 1986 hatte Polanski eine 7jährige Pause vom Filmgeschäft, seit der er seine neuen Projekte stets sehr bewusst plant. Oft vergehen bis zu fünf Jahre zwischen zwei Filmen, was deren Qualität natürlich nur zu gute kommt. Sein 2002 erschienener Film „Der Pianist“ (O: The pianist), in dem Adrien Brody den (wie Polanski selber) polnisch-jüdischen Klavierspieler Szpilman (nach dessen Autobiographie) während der Belagerung Polens und im Warschauer Ghetto verkörpert, gewann 2002 die Goldene Palme von Cannes und 2003 3 Oscars bei insgesamt 7 Nominierungen. Wegen des ausstehenden Haftbefehls konnte Polanski seinen Oscar für die beste Regie allerdings nicht persönlich entgegen nehmen. Einer anderen Ehrung konnte der Regisseur dafür sehr wohl persönlich beiwohnen: 2006 bekam er bei den European Film Awards in Warschau den Europäischen Filmpreis für sein Lebenswerk verliehen (sehen Sie dazu den Videoclip am Ende dieses Beitrags). Auch sein Privatleben verläuft wieder in geregelten Bahnen, seit 1989 ist er mit der Schauspielerin Emmanuelle Seigner verheiratet und hat zwei Kinder, Morgane und Elvis. Mehrmals arbeiteten die beiden Eheleute auch gemeinsam an Filmprojekten, Polanski hinter, seine Frau vor der Kamera (vgl. Filmographie: „Frantic“, „Bitter moon“, „Die neun Pforten“)

Wissenswertes und Kurioses über Roman Polanski

Charles Manson

Der Verurteilte Mörder brach mit seinen Anhängerinnen in das Haus der Polanskis ein und tötete Sharon Tate. Es wird jedoch vermutet, dass er eigentlich den vorherigen Besitzer aus Rache ermorden wollte und nicht wusste, dass das Haus den Polanskis gehörte. Er sitzt bis heute eine lebenslange Haft ab und sein Name gilt in den USA als das personifizierte Böse.

„Tess of the d’Ubervilles“

Sharon Tate gab ihrem Ehemann kurz vor ihrem Tod zur Inspiration für einen neuen Film eine Ausgabe von dem Buch „Tess of the d’Ubervilles“ von Thomas Hardy aus dem Jahre 1891. Roman Polanski wollte es eigentlich mit Sharon Tate in der Hauptrolle verfilmen, doch so setzte er es 1979, 10 Jahre nach Tates Ermodrung, mit Nastassja Kinski um und widmete den Film seiner toten Ehefrau.

Haftbefehl

Seit 1978 war Roman Polanski wegen des Haftbefehls gegen ihn nicht mehr in den USA. 1997 meldete die Nachrichtenagentur Reuters Polanski plane eine Rückkehr um seine Haftstrafe abzusitzen, doch bis heute hat er das nicht getan und es erscheint unwahrscheinlich, dass er es jemals machen wird.

Ältester Oscar-Gewinner

Als Polanski 2003 den Oscar für die beste Regie gewann, war er mit seinen 69 Jahren der älteste Gewinner aller Zeiten in dieser Kategorie. Zwei Jahre später jedoch wurde er von Clint Eastwood übertroffen, der die Trophäe im Alter von 74 Jahren ein zweites Mal verliehen bekam.

Präsident in Cannes

Beim Fimfestival von Cannes im Jahre 1991 war Roman Polanski Präsident der Jury – eine große Ehre für jeden Regisseur.

Miss Universe

Eine nicht ganz so große Ehre, aber eine witzige Tatsache ist, dass Roman Polanski in der Jury zur Wahl der Miss Universe 1976 saß.

Zufriedenheit

Obwohl Polanski betont, trotz all seiner Schicksalsschläge und seiner Fehler zufrieden mit seinem Leben zu sein, ist er lau eigenen Aussagen mit keinem einzigen seiner Filme vollkommen zufrieden.

Schauspieler

Polanski hat bis zum heutigen Tag in 35 Filmen als Schauspieler mitgewirkt, darunter 19 polnische und 8 eigene Filme.

Kurzfilme und Theater

Zusätzlich zu seine Spielfilmen war Polanski im direkten Anschluss an sein Filmstudium für 6 Kurzfilme, sowie auf seine Karriere verteilt zwei Opern, zwei Theaterstücke und eine Musicalversion seines Werks „Tanz der Vampire“ verantwortlich.

Autobiographie

Das bewegte Leben des Regisseurs liest sich sehr interessant, besonders in Polanskis eigenen Worten. Buchtipp: Roman Polanski. Autobiographie

Filmographie

Das Messer im Wasser (1962, O: Nóż w wodzie)
Ekel (1965, O: Repulsion)
Tanz der Vampire (1967, O: The Fearless Vampire Killers)
Rosemaries Baby (1968, O: Rosemary’s Baby)
Was? (1973, O: Che?)
Chinatown (1974)
Der Mieter (1976, O: Le locataire)
Tess (1979)
Piraten (1986, O: Pirates)
Frantic (1988)
Bitter Moon (1992, O: Lunes de fiel)
Der Tod und das Mädchen (1994, O: The Death and the Maiden)
Die neun Pforten (1999, O: The ninth Gate)
Der Pianist (2002, O: The pianist)
Oliver Twist (2005)

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