Was war die größte Sturmflut an der Ostsee?

Sturmflut an der Ostsee
Sturmflut an der Ostsee

Was sind Sturmfluten?

Sturmfluten sind an Überflutungsereignisse gekoppelt, die im Bereich der betroffenen Regionen maßgeblich die menschliche Existenzgrundlage gefährden und Erosionsprozesse begünstigen. Sie forcieren Deichbrüche, versalzen landwirtschaftlich genützte Flächen, verunreinigen einzelfallabhängig das Trinkwasser und schärfen das Bewusstsein für die Urgewalt der Natur.

Charakteristisch für Sturmfluten, deren Häufigkeit und Intensität im Zuge der anhaltenden Klimakrise belegbar zugenommen haben und die auf den permanenten Meerespegelanstieg zurückzuführen sind, ist ein Mix aus massivem Windschub, sich auftürmenden ” Wasserbergen” und extrem hohen Wasserständen.

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Faktoren, die ein Sturmwetter begünstigen

Der Terminus Sturmflut steht als Synonym für ein Szenario, das mit einem überdurchschnittlich- intensiven Wasseranstieg an Küstenlinien und Tidenflüssen einhergeht. Flut, tiefer Luftdruck, typische Zugrichtungen von Tiefdruckgebieten, brandender Seegang, extremer Windschub und ausgeprägte Eigenschwingungen der Wassermassen innerhalb von Randmeeren fördern die Entstehung einer Sturmflut. Besonders hoch ist die Gefahr einer Sturmflut in Verbindung mit Springtiden.

Diese treten primär in Erscheinung, wenn sich die spezifischen Gezeitenwirkungen von Sonne und Mond auf ein Maximum summieren. In der Regel fördern Sturmwetterlagen Sturmfluten.

Die größten Sturmfluten an Nord- und Ostsee

Historische Chroniken informieren transparent über historische Sturmfluten innerhalb der deutschen Küstenregionen. Exemplarische Beispiele hierfür sind Julianenflut ( 17.2.1164), Luciaflut ( 14.12.1287) sowie Mandränke ( 16.1.1362 und 11.+12.10.1634) und Marcellusflut ( 16.1.1362).

Eine diesbezügliche Sonderstellung nimmt die Julianenflut ein. Sie gilt als die erste historisch belegbare Naturkatastrophe im Bereich der Deutschen Nordseeküste. Laut Überlieferungen forderte die Flut 20000 Opfer. Zudem formte sie im heutigen Wilhemshavener Seegebiet die Vorstufe des heutigen Jadebusens. Mit einer ebenso zerstörerischen Gewalt präsentierte sich die erste Mandränke. Rund 100000 Personen verloren im Rahmen der Sturmflut, die die nordfriesische Stadt Rungholdt ausradierte, ihr Leben. Im Zuge der Flut drangen die Wassermassen kilometerweit in das Landesinnere. Der Begriff Mandränke steht für die Redewendung ” das große Ertrinken” und sensibilisiert eindrucksvoll für das historische Ausmaß der schicksalhaften Flut. Einst verstanden die Bewohner der Küstenlinien Sturmfluten als ” göttliches Strafgericht”, das den Mensch für seine Schwächen und Verfehlungen maßgeblich bestraft.

In der Nacht vom 24. auf den 25. Dezember 1717 ereignete sich ebenfalls eine Sturmflut, die die Nordseeregion verwüstete, Experten als eine der schwersten Sturmfluten der Geschichte einstufen und die jahrelange Hungersnöte anstieß. Die Nacht vom 16. auf den 17.2.1962 barg ebenfalls eine verheerende Sturmflut, die insbesondere Hamburg traf. Im Zuge der Katastrophe flutete das Wasser rund 1/6 des gesamten Stadtgebietes. 315 Personen verloren ihr Leben und Abertausende avancierten im Nachgang an die Sturmflut, die maßlose Verwüstung schürte, zu Obdachlosen.

Demgegenüber zählt das Ostseeturmhochwasser ( 13.11.1872) zu der Gruppe der schwersten Sturmfluten rund um Ostseeküste. Der diesbezüglich höchste gemessene Scheitelwasserstand lag bei 3,3 m über NN und ist demnach an eine vergleichsweise geringere Intensität als etwa die zweite Grote Mandränke, wo das Meer in der Spitze rund 4 m über mittlerem Tidehochwasser betrug.

Die große Januarflut, die sich im Januar 1974 zutrug, mit einem Orkantief einherging und zu der Gruppe der deutschlandweiten höchsten Sturmfluten zählt, beschwert Husum einen Wasserstand von 4,11 m über Normalpegel. In Hamburg sorgte die Flut für einen Wasserstand von 6,45 m über NN.

Am 3. und 4. November 1995 wurden die Küsten Mecklen­burg-Vorpommerns durch eine Sturm­flut heimgesucht, welche sowohl in ihrer unmittel­baren Gewalt als auch in ihren Aus­wirkungen zu den schwersten Ereignissen dieser Art in den letzten 125 Jahren zählte. Mit der vor­liegenden Dokumentation der Sturmflut vom 3. und 4. November 1995 sollen die Ursachen, Abläufe und Auswirkungen des Naturer­eignisses nachvollzogen werden. Das Anliegen besteht darin, ausgehend von geo­morpholo­gischen Ver­hältnissen, von der hydro­dynamischen Situation von den meteo­rologischen Voraus­setzungen her das Zustande­kommen der Sturmflut zu analysieren und ihre Auswirkungen zu beschreiben.

Meeresanstieg im Bereich der Ostsee

Meeresanstieg im Bereich der Ostsee fällt aufgrund regionaler Einflussfaktoren relativ gemäßigt aus. Wissenschaftler registrierten im Zeitfenster zwischen 1970 und 2020 im Bereich der Kieler Förde, die in die Ostsee eingebettet ist, einen Meeresspiegelanstieg um rund 6 Zentimeter. Grund für die in Relation zu anderen weltweiten Küstenregionen vergleichsweise moderat ausfallende Anstiegsrate sind regionale Einflussfaktoren vor Ort. Demnach forciert das langsame Anheben des ostseeeigenen Meeresbodens den gemäßigten Meeresspiegelanstieg rund um die Ostsee.

Im Vergleich dazu vollzieht sich der Meeresspiegelanstieg in norddeutschen Küstenregionen vergleichsweise schneller. Dies belegt der Zuwachs des Meeresspiegels in Helgoland. So stieg der diesbezügliche Meeresspiegel seit dem Kalenderjahr 1954 um 15 Zentimeter an, was einer jährlichen Anstiegsrate von 2,6 mm entspricht.

Sturmflut-Risiko wird jedes Jahr größer

Steigt der Meeresspiegel bis zum Ende des Jahrhunderts um durchschnittlich einen Meter an, sind die deutschen Küstenregionen als permanent sturmflutgefährdet zu klassifizieren. In diesem Fall wäre nahezu kein Wind notwendig, um die Wasserstände in den entsprechend deklarierten Gebiete auf ein potentielles Sturmflut-Niveau zu heben. Klimaforscher prognostizieren, dass Sturmfluten in der Zukunft objektiv länger andauern und stärker ausfallen. Im Extremfall verwandelt sich eine Vielzahl von Küstenlinien perspektivisch in potentiell unbewohnbare Areale.

Konzepte zum Klimaschutz minimieren Sturmflut-Risiko

Ein Dreiklang aus Klimaschutz, durchdachten Notfallplänen und Küstenschutz gilt als probates Mittel, um das Sturmflutrisiko signifikant zu senken und Bewohner der betroffenen Territorien vor effektiv Überflutungen und Überschwemmungen zu schützen.

Um den Schutz deutscher Küstenregionen vor Sturmfluten und den damit einhergehenden Überschwemmungen zu gewährleisten, kommen im Rahmen der Küstenschutz-Konzepte spezielle Klimadeiche zum Einsatz. Dies sind Deichkonstruktionen, die bereits bestehende Deiche ergänzen und als eine Art ” Schutzkappe” fungieren. Sie sind Teil eines Vorsorgesystems, das auf die klimatischen Entwicklungen der nächsten 80 bis 100 Jahre zugeschnitten ist und erlauben eine flexible Erhöhung der Deiche um maximal 1,5 Meter. Auf diese Weise lässt sich den Wellen Energie entziehen.

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